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Tannenduft liegt in der Luft, die erste Kerze brennt und alle singen. Ach ja, die Weihnachtszeit! In der Schule ist sie stets ein Highlight, weil da alles so besinnlich, schön und harmonisch wirkt. Hier ist die Welt noch in Ordnung… Aber, Moment, was lese ich da? In einer Lehrergruppe berichtet eine Grundschullehrerin, dass ihr zu Ohren gekommen ist, wie unartig ihre Schülerinnen und Schüler sind! Obwohl die lieben Kleinen erst die 3. Klasse besuchen, haben die doch tatsächlich eine Whatsapp-Gruppe gegründet, einen typischen Klassenchat – und da beschimpfen und beleidigen sie sich jetzt wüst, weil, ja, weil das halt so gemacht wird, wenn einer mal damit anfängt und man gerade mal 8 oder 9 ist und nicht weiß, was man sonst in einer Whatsapp-Gruppe schreiben soll. Kochrezepte austauschen geht ja schlecht, weil noch keiner kocht, Verabredungen zum Saufen sind auch noch nicht Thema, weil noch keiner säuft (hoffentlich!) und Beleidigungen sind nun mal so herrlich kurz und knackig, vor allem aber effektiv, weil kein Neunjähriger auf ein „Du alte Bratkartoffel!“ (Ausdruck leicht modifiziert) gelassen schweigt. Natürlich muss da entweder einer draufgesetzt werden oder geheult – schön ist das alles nicht. Da sollte im Jahr 2019 dringend in Schulen darüber geredet werden, über dieses Onlinesein und so, wegen dieser, wie heißt sie gleich wieder? Digitalisierung! Genau! Es reicht nun mal nicht, wenn Tablets gekauft und Lernspiele gezockt werden, damit die lieben Kleinen später mal ein Tablet bedienen und Lernspiele zocken können. So stellt man sich das aber offensichtlich vor, denn gerade im Grundschulbereich wird gerne ausgeblendet, dass Kinder heute schon längst Smartphones und Tablets bedienen können und das auch ständig tun. Die machen damit sogar Sachen, die Christkind oder Weihnachtsmann lieber nicht sehen sollten! Ojeoje, wie konnte das nur passieren? Und wer bringt uns aus der Nummer eigentlich wieder raus? Wer trägt da die Verantwortung? Liest man den Beitrag der genervten Lehrerin und die knapp 80 Kommentare von KollegInnen dazu, ist jedenfalls eines klar: Die Schule hat damit nix am Hut, weil das ja alles nicht während des Unterrichts passiert! Oder, um die Lehrerin zu zitieren: „SOLLTEN sich am Montag diesbezüglich Eltern bei mir melden – wie sieht die Verantwortlichkeit aus? Ich bin der Meinung, dass es nicht in meinen Aufgabenbereich fällt, da es a) in der Freizeit passiert ist, b) in der Verantwortung der Eltern liegt, die Handyaktivitäten ihrer Kinder zu kontrollieren und c) Whatsapp ja offiziell in dem Alter noch gar nicht benutzt werden darf. Könnte ich ihnen das dann so mitteilen? Oder bin ich gezwungen, zu reagieren und zu sanktionieren? Hatte jemand vielleicht schon dasselbe Problem? Dass das Ganze zusätzlich die Stimmung in der Klasse nicht heben wird, ist ja das nächste Problem.“
Ja, so ein Mist aber auch! Und ausgerechnet in der Weihnachtszeit, wenn alles doch so schön und stimmungsvoll sein soll, bauen diese Schülerinnen und Schüler so einen Scheiß und machen alles kaputt! Da sollen sich mal die Eltern drum kümmern, weil, ja, weil die Schule sich schon um die schöne Vorweihnachtsstimmung kümmern muss und um alle möglichen anderen Sachen, da kann jetzt so etwas wie die Digitalisierung nicht auch noch für Stress sorgen!

HOL DOCH DEN WEIHNACHTSMANN!

Und was raten die KollegInnen wohl? Hol doch die Polizei! Das wird tatsächlich mit am häufigsten empfohlen (gleich nach Option 1: ignorieren und Verantwortung an die Eltern abgeben). Eine Lehrerin berichtet von einem Jungen, der auch in einem Klassenchat unartig war. Und dann hat sie einen Polizisten in die Klasse geholt: „Voll aufmunitioniert, 2 m groß J Der Bub ist fast unterm Tisch verschwunden und dann war Ruhe!“ Ja hey, super Sache! Ich hätte da für die Vorweihnachtszeit noch ein paar andere Ideen! 1. Holt doch den Krampus oder Knecht Ruprecht, die dann finster gucken und mit den Ketten rasseln. „Benimm dich im Netz – oder ich steck dich in den Sack und nehme dich mit! Im Himmel (oder wo auch immer die herkommen) kannst du dann digitale Kompetenz lernen! Da ist DSGVO Hauptfach, du kleiner Racker! Und das stylische Smartphone wird dann durch ein Klapphandy von 2003 ersetzt!“
2. Oder Weihnachtslieder 2.0 singen. Zum Beispiel: „Pling, Kinder, plingelingeling, pling, Kinder pling! Öffnet schnell Whatsaaaapp – schreibt da einer Deeeepp, müsst ihr euch nicht grämen, der Mobber soll sich schämen!“
Wäre es nicht sinnvoller und zeitgemäßer, über Themen wie Datenschutz, Influencermarketing und Cybermobbing dort aufzuklären, wo im Allgemeinen über gesellschaftlich relevante Angelegenheiten aufgeklärt wird – in der Schule? Drogen, Missbrauch und Mobbing sind schließlich da schließlich auch Thema. Warum nicht Datenschutz und Persönlichkeitsrechte? Kinder können lernen, dass es Dinge gibt, die nicht in Ordnung sind, und vor denen sie durch entsprechende Gesetze auch geschützt werden. Identitätsklau, das Verbreiten von peinlichen Aufnahmen und von vertraulichen Informationen, Hass und Hetze – das ist alles gesetzlich geregelt, nur wissen Kinder das nicht, weil es ihnen ja keiner erzählt hat und im Grundschulalter Gesetzestexte eher nicht zur bevorzugten Lektüre gehören.
Wäre doch echt cool, wenn an einem Ort, an dem alle Kinder in Deutschland so gut wie täglich zusammenkommen, Bewusstsein für ein Thema, das alle Kinder in Deutschland betrifft, geschaffen werden würde. So, das ist jetzt mein Weihnachtswunsch. Mehr will ich ja gar nicht, außer vielleicht… den Weltfrieden!

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