Mehr als einen Monat ist die neue EU-DSGVO nun in Kraft und stellt nicht nur die Unternehmenslandschaft vor neue Herausforderungen. Auch die deutsche Politik steht hier vor einer Problematik, die jedoch vorauszusehen war. Abmahnungen durch Anwaltskanzleien schüren aktuell die Ängste und fordern die Politik zum Handeln. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates die 969. Sitzung einberufen lassen. Mit dieser Einberufung will Söder einen Entwurf für ein Gesetz zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften verabschieden lassen. Genauer gesagt geht es hier um die Abmahnproblematik.

GESETZTESANTRAG: PROBLEM UND ZIEL

Seit 25. Mai 2018 gilt die Verordnung (EU) 679/2016 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DS-GVO) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72) in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Als unmittelbar geltendes Recht regelt die Verordnung in Kapitel VIII grundsätzlich abschließend die Rechtsbehelfe, Ansprüche und Sanktionen bei Verstößen gegen die DS-GVO. Für zivilrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche Dritter lässt die DS-GVO den Mitgliedstaaten nur einen sehr begrenzten Spielraum. Die Mitgliedstaaten können im nationalen Recht lediglich ein (eingeschränktes) Verbandsklagerecht unter den Voraussetzungen des Artikels 80 Absatz 2 i. V. m. Absatz 1 DS-GVO vorsehen.
Im deutschen Recht kommen zivilrechtliche Ansprüche von Verbänden wegen Verletzung von Vorschriften des Datenschutzrechts bislang nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) sowie auf Grundlage des Gesetztes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Betracht, wobei nach dem UWG auch Mitbewerber anspruchsberechtigt sind.
Die genannten Rechtsgrundlagen erfüllen in verschiedener Hinsicht nicht die engen Vorgaben des DS-GVO. Es bestünde deshalb allenfalls die Möglichkeit, auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts das UKlaG und des UWG einschränkend, verordnungskonform auszulegen. Gleichwohl verbleibt die tatsächliche Gefahr, dass die herrschende Rechtsunsicherheit ausgenutzt wird, um gegenüber Unternehmern zu eigenen Geschäftszwecken in großem Umfang missbräuchliche und (unions-)rechtswidrige Abmahnungen auszusprechen.
Daher sind Anpassungen im Zivilrecht erforderlich, um den Anwendungsvorrang des DS-GVO Rechnung zu tragen, die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen und einer etwaigen missbräuchlichen und rechtswidrigen Abmahnpraxis im Bereich des Datenschutzrechts vorzubeugen.

 

GEFAHR KANN JEDOCH NICHT KOMPLETT GEBANNT WERDEN

Dem soll mit „Anpassungen im Zivilrecht“ begegnet werden, die vorsehen, dass das Datenschutzrecht „ausdrücklich und generell aus dem Anwendungsbereich des UWG herausgenommen“ wird. Konkret fügt man dazu an den § 3 UWG eine Passage an, dass DSGVO-Vorschriften „nicht unter Satz 1 fallen“.
Zusätzlich will man einem „Abmahnmissbrauch dadurch begegnen, dass bloße Verstöße gegen datenschutzrechtliche Unterrichtungs- und Mitteilungspflichten keine zivilrechtlichen Drittansprüche nach dem UKlaG begründen können.“ Eine komplette Sicherheit kann jedoch nicht gegeben werden. Sollte nämlich ein Verbandsklagerecht zustanden kommen, würden sich unter diesen Verbänden Rechtspraktiken herausbilden, wie es in der Dieselaffäre auch schon Programm ist.
Natürlich ist die Antragstellung aus Bayern durch Ministerpräsident Markus Söder nicht dem Zufall geschuldet. Am 14. Oktober ist die Landtagswahl im Freistaat Bayern und der gemeine Wähler muss zufrieden gestellt werden. Vor allem wenn aktuell in Bayern eine Kanzlei aus Augsburg im Auftrag eines Beauty-Salons andere Friseure abmahnt. Hier werden 729,23 verordnet und gefordert. Die Kanzlei argumentiert, dass die Websites der Friseure nicht DS-GVO konform sind und die Anforderungen, die seit dem 25.05 gelten, nicht erfüllt werden. Hier wird ein Verstoß gegen das UWG vorangestellt. Natürlich sind auch bayerische Friseure davon betroffen.

BARLEY UND BUNDES-SPD ALS MÖGLICHER SPIELVERDERBER

Allerdings ist noch offen, ob Söders DSGVO-Abmahnbremse im Bundesrat eine Mehrheit findet. Ein erster Vorstoß, den die inzwischen reuig gewordene Union auf Druck ihrer Basis unternahm, scheiterte in der Bundesregierung nämlich an Justizministerin Katharina Barley und ihrer SPD (vgl. DSGVO: Kein schneller Schutz vor Abmahnungen)
Hinzu kommt, dass im Bundesrat über die neun Länder Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen die Grünen mitregieren, deren Europaabgeordneter und designierter schleswig-holsteinischer Umweltminister Jan Philip Albrecht immer noch offen stolz darauf ist, einer der maßgeblichen Väter der DSGVO zu sein, die er bei jeder Gelegenheit ausgiebig lobt. Ihn und seine Parteifreunde versucht der Antrag anscheinend mit der Darstellung zu ködern, man würde damit ja in erster Linie nationales Recht an Europarecht anpassen, „um den Vorgaben der DSGVO Rechnung zu tragen“
Jedoch kann die Abmahnbremse an die Bundesratsausschüsse überwiesen werden, damit diese dann darüber beraten können. Danach wird dann nochmals im Plenum entschieden. Wird hier dann noch einmal zugestimmt, tritt Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes in Kraft und der Entwurf geht an den Bundestag, wo Barley mit dem Justizministerium wieder blockieren kann.

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