Gerade hatte eine Entscheidung zur nicht bestehenden Hinweispflicht des OLG Dresden betreffend der Plattform Amazon für Furore gesorgt, urteilte nunmehr das OLG Koblenz nur wenige Tage später, dass auf der Plattform eBay eine Verpflichtung für Online-Händler bestehe, über den OS-Plattform-Link zu belehren. Lesen Sie mehr zum aktuellen Stand der Rechtsprechung im heutigen Gastbeitrag der IT Recht Kanzlei München.

DIE ODR-VERORDNUNG

Hintergrund der Entscheidung des OLG Koblenz (Urteil vom 25.01.2017; Az.: 9 W 426/16) ist die EU-Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (im Folgenden: ODR-Verordnung, ODR = Online Dispute Resolution), die seit dem 09. Januar 2016 in Kraft ist und immer wieder zu rechtlichen Streitigkeiten geführt hat, weil sich hieraus die Pflicht für Online-Händler ergibt, die OS-Plattform der EU-Kommission zu verlinken.

OLG DRESDEN VERNEINT HINWEISPFLICHT

Das OLG Dresden (Urteil vom 17.01.2017, Az. 14 U 1462/16) hatte vor kurzem noch die Auffassung verkündet, dass Online-Verkäufer auf der Plattform Amazon selbst keinen Hinweis auf die OS-Schlichtungsplattform veröffentlichen müssen. Nach Ansicht des OLG Dresden sei es vielmehr ausreichend, wenn der Bertreiber der Plattform (im konkreten Fall also Amazon) dieser Hinweispflicht nachkomme. Die Entscheidung der Dresdner Richter rief heftige Kritik in der Rechtslandschaft hervor.
Das OLG Dresden begründete seine Auffassung damit, dass die ODR-Verordnung Unternehmer und die Online-Marktplätze verpflichtet, den Link auf „ihren Websites“ einzustellen. Das Gericht weiter:

„Nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR-Verordnung haben die Online-Angebote einstellenden Unternehmer und die Online-Marktplätze den Link zur OS-Plattform auf „ihren Websites“ einzustellen. Das Possessivpronomen „ihren“ macht deutlich, dass ein Link zur OS-Plattform auf einer anderen Website als der eigenen nicht genügt, wenn der Unternehmer auf seiner Website den Abschluss von Online-Kaufverträgen oder Online-Dienstleistungsverträgen anbietet. Nicht erforderlich ist ein solcher Link allerdings durch den Online-Händler, der auf der Website eines Online-Marktplatzes einstellt. Diese Website ist nicht diejenige des Online-Händlers, so dass der Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR-Verordnung nicht eingreift. Dies gilt nicht nur bei einem durch die Schreibweise nahegelegten Verständnis von „Website“ als Gesamtheit eines Internetauftritts oder mehrerer Webseiten. Auch die Webseite – erstanden als einzelnes (meist in HTML verfasstes) Dokument, das mit einem Browser unter Angabe eines URL (Uniform Resource Locators) im Internet abgerufen werden kann – ist bei einem Angebot auf einem Online-Marktplatz nicht dem Onlineshop-Betreiber oder Onlinehändler zuzuordnen. Die Internetadresse der beanstandeten Angebotseite lautet nicht auf ihn, sondern auf den Marktplatz-Betreiber.“

OLG MÜNCHEN SIEHT (WOHL) VERPFLICHTUNG ZUM HINWEIS

Das OLG München (Urt. V. 22.09.2016, Az. 29 U 2498/169) hatte eine Verlinkungspflicht von Plattform-Händlern (auf der Plattform eBay) angenommen und dazu ausgeführt, dass es bei der Verpflichtung zur Bereitstellung eines OS-Plattformlinks um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3 a UWG ginge, die dem Interesse auch anderer Marktteilnehmer diene. Einen Verstoß gegen die Verlinkung befand das Gericht daher für abmahnfähig. Es hatte jedoch die Problematik an sich nicht näher ausgeführt, die Begründung der Münchener Richter lautet auszugsweise wie folgt:

„Art. 14 Abs. 1 S. 1 VO Nr. 524/2013 begründet eine Verpflichtung der in der Europäischen Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, auf ihren Websites einen Link zur europäischen OS-Plattform einzustellen. Eine Verletzung dieser Verpflichtung ist jedenfalls auch nach § 3 a UWG und nicht nur nach § 5 a UWG zu beurteilen, weil sie nicht nur eine Verpflichtung zur Information der Verbraucher, sondern auch eine solche zur Bereitstellung eines Links umfasst und damit über die bloße Information der Verbraucher über die Internetadresse der OS-Plattform hinausgeht. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung i. S. d. § 3 a UWG, weil sie der Verbreitung der Kenntnis von dem Bestehen der OS-Plattform bei möglichst vielen Verbrauchern (vgl. Erwägungsgrund 30 der VO Nr. 524/2013) und damit deren Interesse als Marktteilnehmer dient. Das Angebot des Antragsgegners auf der Internetplattform eBay wies am 25. 2. 2016 weder einen Verweis auf die OS-Plattform auf noch gar einen Link darauf. Damit verletzte der Antragsgegner seine Verpflichtung aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 VO Nr. 524/2013.“

OLG KOBLENZ SIEHT ZWEIFELLOSE HINWEISPFLICHT

Das OLG Koblenz teilte ebenfalls die Auffassung des klagenden Interessenverbandes, dass ein eBay-Händler verpflichtet ist, in seinen auf der Handelsplattform unterhaltenen Angeboten selbst einen Link auf die OS-Plattform einzustellen und erklärte auch ausführlich, weshalb ein bereits vorhandener Link auf der eBay-Internetseite nicht ausreiche:

„Weder dem Verordnungstext noch dem Erwägungsgrund 30 der Verordnung lässt sich entnehmen, dass die geregelte Verpflichtung für Online-Unternehmer entfallen soll, wenn sie ihre Angebote auf einem Online-Marktplatz wie beispielsweise Ebay – unterhalten und dieser Marktplatz bereits einen Link enthält.
Der Erwägungsgrund 30 der Verordnung stellt nach Auffassung des Senats deshalb auch ausdrücklich klar, dass „Online-Marktplätze … gleichermaßen (Fettdruck durch Senat) und eben nicht nur anstelle und für die auf ihrem Marktplatz tätigen Unternehmen verpflichtet sein sollen, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen.“

Zur weiteren Begründung nimmt das OLG Koblenz auf zahlreiche Urteile Bezug, die eine Verlinkungspflicht für Online-Händler ebenfalls bejahen und betont, dass sich aus dem Erwägungsgrund der ODR-Verordnung nicht entnehmen ließe, dass die Verlinkungsverpflichtung für Online-Händler entfallen soll.
Dazu führten die Richter aus Koblenz wie folgt aus:

„Sinn und Zweck der in der EU-Verordnung geregelten Verpflichtung ist es nämlich, das Vertrauen der Verbraucher in den digitalen Binnenmarkt zu stärken, damit der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen auch im Online-Bereich gewährleistet wird. Dies setzt nach Erwägungsgrund EWG_VO_524_2013 Nummer 2 der ODR-Verordnung voraus, dass die Verbraucher Zugang zu einem einfachen, effizienten, schnellen und kostengünstigen Streitbeilegungsverfahren für Streitigkeiten aus Online-Verkäufen oder Online-Dienstleistungen haben. Um ein solches, über die OS-Plattform zur Verfügung gestelltes Streitbeilegungsverfahren überhaupt nutzen und dessen Möglichkeiten bei der Kaufentscheidung berücksichtigen zu können, bedarf es einer einfach zugänglichen Kenntnisnahmemöglichkeit der OS-Plattform bei möglichst vielen Verbrauchern.“

FAZIT

Online-Händler, die auf Internetplattformen wie z.B. Ebay, Amazon, DaWanda, etc. ihre Produkte verkaufen, sollten sich nach dieser OLG-Entscheidung aus Koblenz nicht mehr darauf „verlassen“, dass lediglich der Plattform-Betreiber den Hinweis auf die Streitschlichtungsplattform zu erteilen habe (so die nicht überzeugende Auffassung des OLG Dresden). Zwar bleibt eine Vereinheitlichung der bisherigen Rechtsprechung durch den BGH (bzw. anderer OLG-Gerichte) noch abzuwarten, doch bis dahin empfiehlt die IT-Recht Kanzlei nach wie vor dem einzelnen Online-Händler die Hinweis- und Verlinkungspflicht auf die europäische Schlichtungsplattform auf den Online-Marktplätzen einzuhalten.

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