Forscher der Technischen Universität Darmstadt haben in Zusammenarbeit mit der IT-Seal GmbH herausgefunden, dass Social-Media-Nutzer deutlich verwundbarer gegenüber Cyberangriffen sind als Nicht-Social-Media-Nutzer.

Aktueller Job, Ausbildung, Zertifikate, Hobbies und Kollegen – All diese Daten und Informationen aus Sozialen Netzwerken stehen in vielen Fällen frei zugänglich im Internet zur Verfügung. Cyberkriminelle nutzen diese Informationen, um darauf aufbauend unter anderem gezielte Phishing-Mails zu erstellen, die bei ihren Opfern, ausgestattet mit realen Informationen, eine hohe Glaubwürdigkeit erzeugen.

Eine Studie des Fachgebiets Information Systems & E-Services (ISE) der TU Darmstadt, die auf der European Conference on Information Systems im Juni 2021 vorgestellt wird, hat nun untersucht, ob Nutzer, die auf Sozialen Medien sehr aktiv sind, auch anfälliger gegenüber Cyberangriffen sind.

Die Antwort ist eindeutig: “Nutzer von Sozialen Medien sind als Hochrisikogruppen bezüglich Phishing Angriffe anzusehen”, erklärt Anjuli Franz von der TU Darmstadt. “Einerseits kommt zum Tragen, dass mehr Informationen über sie online einsehbar sind und damit gezieltere Angriffe möglich sind. Andererseits sind Social-Media-Nutzer für Phishing Angriffe anfälliger, weil sie durch die intensive Nutzung bestimmte Gewohnheiten entwickeln, zum Beispiel direkt und automatisiert auf Trigger, Aufforderungen und Hinweise reagieren. Phishing-Mails, die ein hohes „message involvement“ erzeugen, also erscheinen, als wären sie von hoher persönlicher Relevanz für den Empfänger, erreichen bei Social-Media-Nutzern daher deutlich höhere Klickraten als bei Nicht-Social-Media-Nutzern. Dies bestätigt, was bereits in voriger Forschung gezeigt werden konnte: Social-Media-Nutzer nutzen seltener „langsames rationales Denken“ und evaluieren Informationen nicht so oft kritisch.”

Diese Forschungsergebnisse besitzen vor dem Hintergrund der kürzlichen Daten-Leaks von LinkedIn und Facebook, mit je einer halben Milliarde veröffentlichter Nutzerprofildaten, eine besondere Relevanz. Cyberkriminelle erhalten die Daten von einer großen Zahl an Nutzern auf dem Silbertablett serviert. “Social-Media-Nutzer und IT-Sicherheitsverantwortliche in Unternehmen müssen sich in den nächsten Monaten auf besonders fiese und gezielte Phishing-Angriffe einstellen”, lautet die Einschätzung von IT-Seal Geschäftsführer David Kelm.

Doch nicht nur Social-Media-Nutzer sind betroffen: Im Unternehmenskontext spielen auch öffentliche Informationen auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen wie Kununu und Glassdoor eine Rolle. Diese Informationen werden von Kriminellen eingesetzt, um auch solche Nutzer gezielt anzugreifen, die keine Sozialen Medien nutzen. Auch diese Art der Angriffe bedeuten ein erhöhtes Risiko für Unternehmen, wie die TU Darmstadt in der Studie herausfinden konnte: “Je höher das erzeugte „message involvement“ einer Phishing-Mail, desto höher die Klickrate – das gilt für Empfänger mit und ohne Social-Media-Profil”, so Franz.

Nach der Phishing-Welle mit Corona-Bezug und dem Abschalten des EMOTET Netzwerkes kommt damit auf Unternehmen eine neue Phishing-Welle zu, die in den nächsten Monaten an Fahrt gewinnen dürfte. Es wird spannend, ob dadurch die Schadenssummen durch Ransomware (Verschlüsselungstrojaner) noch getoppt werden, die 2020 allein in Deutschland einen Schaden von ca. vier Milliarden US-Dollar erreicht haben.

HIER können Sie die Studie der TU Darmstadt “WHO BITES THE HOOK? INVESTIGATING EMPLOYEES’ SUSCEPTIBILITY TO PHISHING: A RANDOMIZED FIELD EXPERIMENT” einsehen und herunterladen. Zudem finden Sie dort zwei Beispiele von Phishing-Simulationen der IT-Seal GmbH, bei der öffentlich zugängliche Informationen aus Kununu beziehungsweise LinkedIn verwendet werden.

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