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…und ich weiß, sie bleibt hier. Nie vergess ich jenen schönen Tag, nanananana, an dem ich ihr die App  installiert hab, nananananana, denn ich fühlte gleich, dass ich kein Vertrauen hab!
Das ist die Hymne aller eifersüchtigen Spinner (über 80%) und Spinnerinnen (unter 20%), die auf dem Smartphone ihrer Partnerin oder ihres Partners Spionage-Malware wie FlexiSPY installiert haben.
Vor etwa 20 Jahren holte mich der neue Freund meiner damals besten Freundin zuhause ab und bot mir an, mich zur Schule zu fahren. Ich willigte ein, weil ich den Typen kannte. Da es noch ziemlich früh war, lud er mich erstmal auf einen Kaffee bei sich zuhause ein. Während die Kaffeemaschine in der Küche röchelte, setzte er sich gegenüber von mir an den Couchtisch, zückte einen Stift samt Notizblock und forderte mich allen Ernstes dazu auf, ihm Auskunft zu geben: „Du kennst sie am besten – mit wem war sie bisher zusammen und was haben sie so miteinander gemacht. Ich hab schon eine kleine Liste aus dem, was sie mir selbst erzählt hat, zusammengestellt. Das müsstest du jetzt nur noch ergänzen.“ Ich fühlte mich wie im falschen Film. Der Typ war ein waschechter Spinner -das war schon mal amtlich. Ich habe ihm natürlich nichts verraten, bin zur Schule und habe meiner Freundin alles brühwarm erzählt. Sie konnte oder wollte es nicht glauben und war noch mehrere Jahre mit ihm zusammen, bis sie sich von ihm trennte, weil er ein waschechter Spinner war.
Heute müssen irre Kontrollfreaks nicht mehr solche Aktionen starten, sondern können für unter hundert Euro einfach eine App kaufen und sie heimlich auf dem Smartphone des Partners installieren. Endlich sind auch die Methoden krankhaft Eifersüchtiger digitalisiert worden und Überwachungsfans sind nicht mehr gezwungen, auf die (oft unzuverlässige) Auskunft von Menschen zurückzugreifen, um Bescheid zu wissen.
Im Oktober veröffentlichte Kaspersky eine Studie, der zufolge Deutsche weltweit auf Platz 2 der Nutzer von Stalkerware sein sollen. Weit vor den Brasilianern (Platz 4) und den Indern (Platz 3). Nur in Russland ist Software, die dazu dient, den (Ex-)Partner zu überwachen, noch beliebter.

DER FLEXIBLE SPION – ILLEGAL? EGAL!

FlexiSPY verspricht Kunden bis zu 150 Features. In den Varianten „Lite“ (30$ für einen Monat), „Premium“ (68$ für einen Monat) und „Extreme“ (199$ für drei Monate), ist so ziemlich alles enthalten, was das Stalkerherz begehrt. Sämtliche Messenger und Mailprogramme können überwacht werden, GPS-Koordinaten, Videos, Fotos, Adressbuch und Anrufprotokolle sind kein Geheimnis mehr und selbstverständlich können auch Anrufe mitgehört werden. In der „Extreme“-Version sind sogar „Fake-SMS“ (auf der Firmenseite auch als „Parodie-SMS“ bezeichnet) im Leistungsumfang enthalten, was bedeutet, dass der Überwacher vorgeblich eine SMS im Namen  einer in der Anrufliste enthaltenen dritten Person versenden kann. Wenn ihm zum Beispiel auffällt, dass seine Ex ständig mit einem Helmut schreibt, kann er als Helmut eine SMS verschicken, in der eine Information erfragt oder ein Treffen vereinbart wird – etwas, für ganz mutige und richtig verrückte Spinner ist das.
Malware wie FlexiSPY ist legal, solange der Betroffene weiß, dass sich die Software auf seinem Gerät befindet. Der Überwacher muss vertraglich bestätigen, dass dies der Fall ist. Fakt ist, dass natürlich kein Mensch, der noch ganz knusper an der Waffel ist, in so etwas einwilligen würde. Das ist Unternehmen, die Überwachungssoftware vertreiben zwar bewusst, aber nicht ihr Problem. Wird der kontrollsüchtige Spinner erwischt, drohen ihm bis zu drei Jahre Haft – aber das ist den Leuten natürlich egal.
Stalkerware für den Privatgebrauch wird überwiegend als Tool für Eltern und für Firmen, die ihre Mitarbeiter überwachen wollen, vermarktet. Klar, das mit der heimlichen Überwachung des Partners wäre ja auch illegal… Komplette Geräte mit vorinstallierter Software können übrigens auch gekauft werden. Stalker’s Paradise! Der Betroffene bekommt von der App natürlich nichts mit und es gibt bisher keine offizielle Stelle, die wirklich helfen kann. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) teilte der Süddeutschen Zeitungmit, man habe „sich mit Themen wie Partnerüberwachung oder Stalking bislang nicht befasst“.
Für die Betroffenen ist die Situation im Moment fatal. Kaum jemand kann helfen, zumal es oft  überhaupt nicht möglich ist, die Software auf dem Gerät ohne Weiteres zu finden. Hilfreich ist auf alle Fälle, regelmäßige Updates des Betriebssystems und der Antivirensoftware vorzunehmen und natürlich die „Gerätehoheit“ zu wahren. Jeder erwachsene Nutzer eines Smartphones sollte sich von Anfang an selbst um die Einrichtung des Geräts kümmern und dies nicht allein dem Partner überlassen, vor allem dann nicht, wenn auch nur der leiseste Verdacht besteht, dass es sich um einen eifersüchtigen Spinner handeln könnte. Warum man überhaupt mit so jemandem zusammen sein sollte, ist eine andere Frage…

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