… UND GOOGLE EIN ZENTRUM FÜR DATENSCHUTZ

Vergangene Woche wurde in München die Eröffnung des Google Safety Engineering Centers (GSEC) gefeiert. Nach der von der französischen Datenschutzbehörde CNIL ausgesprochenen DSGVO-Rekordstrafe in Höhe von 50.000.000 Euro ein klares Signal: Mit dem neuen Datenschutzzentrum will Google beweisen, dass das Unternehmen alles kann – sogar Sicherheit und Datenschutz. Dafür sollen künftig über 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen. Google und Datenschutz, das ist wie Käse in Maiglöckchenform, wie der Wolf, der Rotkäppchen beschwichtigt: „Keine Sorge, ich werde dafür sorgen, dass kein anderer als ich die Großmutter frisst.“ In den Kommentaren im Heise-Forum wird die Schlagzeile „Google eröffnet Datenschutz-Zentrum in München“ entsprechend sarkastisch paraphrasiert: „Herodes neuer Vorsitzender beim Kinderschutzbund“, „Katze gründet Vogelauffangstation“, „Scheuer gründet Tempo-100-Club“, „Krauss-Maffei Wegmann gründet Friedensinitiative“. Auf der Startseite des GSEC stellt sich das Datenschutzzentrum in seinem etwas hölzern klingenden Claim folgendermaßen vor: „Verstehen. Entwickeln. Fähigkeiten vermitteln. Partnerschaften eingehen.“ Eine nette Werbeplattform in eigener Sache ist es ja schon. Lächelnde Menschen und viele bunte Farben – da fühlt man sich gleich viel besser aufgehoben!

ICH WEISS, WELCHES SANDWICH DU 2016 GEGESSEN HAST

Gerade mal drei Tage nach Eröffnung des vorbildlichen Datenschutzzentrums in München, wurde erneut ein Google-Datenschutzskandal publik. Der CNBC-Redakteur Todd Haselton titelte: „Google uses Gmail to track a history of things you buy – and it’s hard to delete”. Google liest Rechnungen aus Gmail-Postfächern mit und erstellt daraus Einkaufslisten. Erfasst werden also nicht nur Einkäufe im Google Store, sondern sämtliche Zahlungsabwicklungen, die über ein Gmail-Konto laufen. Auf diese Weise fand Haselton heraus, dass Google zum Beispiel wusste, welches Sandwich er am 14. Januar 2016 bestellt hatte („Philly cheesesteak on a hoagie roll with Cheez Whiz and banana peppers”) und wann er seine Starbucks-Karte aufgeladen hat (im November 2014). Bis ins Jahr 2012 reichte die Erfassung sämtlicher Einkäufe und Abos zurück. Wer sich bei „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ gruselte, kann ja mal überlegen, wie sich „Ich weiß, welches Sandwich du vor drei Jahren gegessen hast“ so anfühlt. Der Versuch, die Liste zu löschen, scheiterte übrigens. Stattdessen wurde Haselton zu einer Gmail-Nachricht weitergeleitet.
Nach einer Anfrage gab Google an, die Daten nicht für Werbezwecke zu verarbeiten. Außerdem wäre das Ganze ein toller Service, denn die Erfassung sämtlicher Einkäufe solle den Kundinnen und Kunden doch dabei helfen, Abos, Buchungen und Einkäufe übersichtlich einsehen zu können. Ist doch eine super Sache!
Das Ding ist: Von der „Purchases“-Page („Käufe“-Seite unter https://myaccount.google.com/purchases abrufbar) wusste bisher keiner oder kaum jemand. Dass ich 2016 u.a. einen Rattansessel und ein Ratatouille-Gewürz gekauft habe, hatte ich längst vergessen.
Mich würde ja mal interessieren, welche tollen Services, von denen kaum jemand weiß, Google sonst noch im Angebot hat. Cool wäre z.B. „Google Love“ („Ich weiß, in wen du 2014 verliebt warst“), „Google Lie-Manager“ („Wem habe ich wann was erzählt, was gar nicht wahr war?“) oder „Google Friends“, ein Friendship-Analyzer, der angibt, zu wieviel Prozent man noch mit jemandem befreundet ist (könnte grafisch wunderbar mit einem Gänseblümchen, das in 5%-Schritten seine Blütenblätter einbüßt, umgesetzt werden). Es gäbe so viele Möglichkeiten, Kundinnen und Kunden zu immer großartigeren Erfahrungen zu verhelfen! Und Datenschutz? Pfff, dafür gibt’s ja jetzt das olle Zentrum mit 1.000 Ingenieuren – ja, die werden sich schon drum kümmern, dass wir uns bei all den großartigen Erfahrungen auch sicher fühlen können. So nach dem Motto: „Was User nicht weiß, macht ihn nicht heiß!“

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