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Es ist ja so: Das charmante Schlitzohr ist ein beliebtes Motiv in Literatur und Film. In der aktuellen Doku-Serie „Money Maker“, die derzeit in der Mediathek der ARD verfügbar ist, wird unter anderem von Emre A. berichtet, einem jungen Mann, der die Bahn um mehrere tausend Euro betrogen hat. In der Doku kann sich der Cyberkriminelle als Robin Hood inszenieren, der das Geld von einem großen Unternehmen, das eh keiner leiden kann, klaut und dann zwar nicht in die Taschen Armer, aber immerhin in die eigene Tasche wirtschaftet. Reue zeigt er nicht. Mit schnellen Schnitten, cooler Musik und schnieken Einstellungen wird ein Bild entworfen, das den „Job“ des Cyberkriminellen durchaus in ein sehr positives Licht rückt. Emre A. ist ein total cooler und sympathischer Typ – gewitzt, gerissen und einfach ein Macher. Er darf im Knast sogar täglich an die Hochschule und nutzt seine Haftzeit, um Wirtschaftsinformatik zu studieren. So kann er in Ruhe sein Studium durchziehen – bei freier Kost und Logis. Natürlich ist es nicht schön, inhaftiert zu sein, aber in der Doku wird das Ganze rundum positiv dargestellt.
Die Geschichte vom Datendiebstahl wird wie in einem stylischen Musikvideo erzählt. Schnelle Schnitte, freshe Beats und schwarze Kapuzenshirts, Tastaturgeklapper und Google-Suchleisten („schnelles Geld machen“, „hacken“, „Carding“) – das ist das Gesicht der Cyberkriminalität.
CARDING – das ist der „Betrug mit gefälschten oder gestohlenen Kreditkarten“, wird in der eingeblendeten Bauchbinde erklärt. Es wird durch „schwarze Foren“ gescrollt, in denen Threads wie „Biete 100 saubere Nummern“, „Krass: Diese Technik hat mein Leben verändert!“, „Schnell Geld machen mit Carding“ und „Ich verdiene 20.000 Euro im Monat – mit ein paar Stunden Arbeit“ zu finden sind. Da muss man sich fast blöd vorkommen, wenn man das nicht macht… In einer Pupille spiegelt sich das Logo der Deutschen Bahn. Es folgt eine Anleitung: „Deutsche Bahn betrügen step by step“. Der erste Schritt: Ein Bankdrop kaufen – auch das wird in der Bauchbinde erklärt. Das ist ein mit fremden Personalien eröffnetes Bankkonto. Dazu ein Rhythmus, der in einem Film den Auftritt eines Machers begleiten würde. Und ich denke mir: „Was zur Hölle ist hier los?“ Warum wird Cybercrime hier in Form eines coolen Hip-Hop-Videos inszeniert? Klar, es ist ein White Collar Crime. Aber Steuerhinterziehung wird nie in dieser Form erzählt. Das sind immer steife Anzugstypen mit Köfferchen in finsteren Hinterzimmern – und Musik gibt es dazu auch keine. Denen wünscht man den Knast. Aber dem smarten Emre A.? Nein, der hat Starqualitäten!
Diese Art der Darstellung macht etwas mit uns. Wir werden positiv geframed. Cybercrime – darunter muss keiner wirklich leiden – nur die großen Unternehmen, die sowieso zu viel Geld haben und damit nur ihre überbezahlten Manager finanzieren.
Dass die Kundinnen und Kunden, deren Daten gestohlen wurden, in massive Schwierigkeiten geraten sind und es oft länger dauerte, bis die Deutsche Bahn das fälschlicherweise abgebuchte Geld zurücküberwies, wird nur ganz am Rande erwähnt. Im Mittelpunkt der der Täter, der es einfach draufhat!
Die Nähe zur Technologie macht alles cooler. Technologie ist quasi die moderne Magie. Wenn man sich auskennt, ist alles total easy. Emre A. wäre auch nie erwischt worden, wenn er nicht einen Leichtsinnsfehler gemacht hätte – so die Story, in der auch noch ein Ermittler eine Rolle spielt, der zugibt, wenig Ahnung von IT zu haben.
Diese Art des Erzählens hat Folgen. Es kommt dadurch zu einer Verharmlosung von Verbrechen. Während Bankräuber vor allem Arschlöcher und arme Schweine sind, ist der Cyberkriminelle ein charmanter Schlaukopf, dem man den Schaden, den er verursacht, eher nachsieht. Aber mal ehrlich: Der Typ hat sich die Masche nicht einmal selbst ausgedacht: Er ist stumpf nach einer Step-by-Step-Anleitung aus dem Netz vorgegangen und hat auch noch einmal dummerweise seine richtige Mailadresse angegeben – dadurch konnte er schließlich auch überführt werden.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Macher von solchen Dokus selbst voller Bewunderung für die modernen Cybermagier sind und die Geschichten deshalb auf diese Art erzählen. Auf diese Weise Heldengeschichten zu generieren, ist nicht der richtige Weg. Er bietet Menschen, die in einer Zeit, in der IT-Sicherheitskompetenz immer noch in der gleichen Liga wie Raketenwissenschaft kickt, die Möglichkeit, kriminell zu werden, weil es so viele positive Vorbilder gibt. Wenn ich die Möglichkeit habe, mich mit einem smarten Kerl zu identifizieren, der selbst nach Verstreichen seiner Haftzeit zu coolen Beats davon berichtet, dass er keinerlei Reue kennt, dann wird Datendiebstahl gleich sehr viel attraktiver. Was ist denn bitte sonst noch so easy, so cool und so wenig verwerflich?
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