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Mit der Digitalisierung ist es ein bisschen wie mit ionisierender Strahlung. Solange wir kaum Ahnung davon haben, kann das Ganze eine Menge Spaß bedeuten, aber die Folgen sind bisher weder wirklich absehbar, noch zwangläufig besonders schön. Ich denke da zum Beispiel an Doramad, die radioaktive Zahncreme, die in den 1940er Jahren für – im wahrsten Sinne des Wortes – strahlend weiße Zähne gesorgt hat. Nach Hiroshima und Nagasaki war der Bedarf nach einem Pflegeartikel auf Thorium-X-Basis freilich deutlich geringer, so dass die Produktion 1945 eingestellt wurde.
40 Jahre lang waren in Schuhgeschäften weltweit Pedoskope in Gebrauch, das sind Geräte, mit denen man die Passform von Schuhen beurteilte – mit Hilfe von Röntgenstrahlen. Was war es doch für ein Spaß, Kinderfüßchen in das Pedoskop zu stecken und x-mal zu gucken, wie lustig die ganzen Fußknochen aussehen! Dass einer Schuhvorführerin 1950 ihr Bein infolge schwerer Verbrennungen nach mehrjähriger Anwendung des Pedoskops abgenommen werden musste, stimmte einige Aufsichtsbehörden dann aber doch nachdenklich. In manchen Ländern etwas schneller als in anderen: In der Schweiz wurde das letzte Pedoskop noch bis 1989 genutzt.
Heute gibt es tolle Apps, die Spaß machen ohne Ende – gratis! FaceApp bietet zum Beispiel den Spaß, sich selbst in alt zu sehen. Stars machen es vor: Uiuiui, eine total faltige Heidi-Klum-Oma, eine verschrumpelte Charlotte Roche, Boybands mutiert zur Grampgroup – da will doch jeder wissen, wie man selbst als Opa oder Oma aussieht! „Wenn ich mich in alt sehen will, guck ich in den Spiegel“, kommentiert ein Heise-Leser lakonisch. Apropos: Auf einem Spiegel im Museumsshop des New Museum of Contemporary Art in Manhattan steht in orangefarbenen Lettern eine Weisheit aus dem Zeitalter des Überwachungskapitalismus: „Das Selfie von heute ist das biometrische Profil von morgen.“ Und genau das ist das Problem an der Sache, quasi das, woran wir uns ganz schön verbrennen können, um noch einmal auf das einstmals beliebte Pedoskop Bezug zu nehmen.
YAROSLAV GONCHAROVS LIEBLINGSFACH: GESICHTSGEOMETRIE
Hinter FaceApp steckt das russische Unternehmen Wireless Lab OOO, dessen CEO Yaroslav Goncharov dem Magazin Forbesgegenüber erklärt hat, dass ein Großteil der hochgeladenen Fotos nach 48 Stunden wieder von den Amazon Cloud Servern gelöscht würde. Puh, nochmal Glück gehabt – die sind also doch einfach nur nett und wollen so viele Menschen wie möglich glücklich machen! Aber Moment – warum sollten die das wollen? Könnte es nicht auch sein, dass die einfach irgendwas behaupten, nur damit alle fröhlich weiterhin FaceApp, das bereits seit 2017 auf dem Markt ist, nutzen? Hm, wäre eine Überlegung wert! Oder vielleicht brauchen die die Bilder gar nicht mehr, weil so viele Fotos irgendwann viel zu viel Speicherplatz verbrauchen würden, aber bevor sie gelöscht werden, könnte man ja noch schnell einen biometrischen Token erstellen, der deutlich weniger Speicherplatz benötigt – Abstände und Winkel der einzelnen Gesichtsteile reichen vollkommen zur eindeutigen Identifikation eines Individuums. Es könnte zum Beispiel auch ein Gesichtserkennungsalgorithmus trainiert werden. Das wäre doch ganz schön fies! Obwohl… Was soll denn an meiner Gesichtsgeometrie und anderen biometrischen Daten überhaupt interessant sein? Ist doch wurscht, wenn irgendeine russische Firma weiß, wie groß der Abstand zwischen meinen Augen ist oder wie meine Ohren geformt sind, oder? Ist das Ganze vielleicht nur Hysterie? Quasi die neue Datenschutzskandalsau, die durchs digitale Dorf getrieben wird?
Nein, denn biometrische Daten genießen in der EU nicht ohne Grund einen besonderen Schutz. In Artikel 4 (Begriffsbestimmungen), Ziffer 14 der DSGVO werden „biometrische Daten“ definiert als „mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, wie Gesichtsbilder oder daktyloskopische Daten“.
FACEAPP – EINE VON VIELEN
Das, was in den AGB von FaceApp beim Punkt „Terms of Use“ steht, ist alles andere als DSGVO-konform: „Sie gewähren FaceApp eine unbefristete, unwiderrufliche, nicht ausschließliche, lizenzgebührenfreie, weltweite, voll bezahlte, übertragbare Unterlizenz zur Nutzung, Reproduktion, Änderung, Anpassung, Veröffentlichung, Übersetzung, Erstellung von abgeleiteten Werken, Verbreitung, öffentlichen Aufführung und Anzeige Ihrer Benutzerinhalte und alle Namen, Benutzernamen oder Ähnlichkeiten, die im Zusammenhang mit Ihren Benutzerinhalten in allen bekannten oder später entwickelten Medienformaten und -kanälen angegeben werden, ohne dass Sie dafür eine Entschädigung erhalten.“
Und wenig später heißt es: „Durch die Nutzung der Dienste stimmen Sie zu, dass der Benutzerinhalt für kommerzielle Zwecke verwendet werden darf. Sie erkennen ferner an, dass die Verwendung der Benutzerinhalte durch FaceApp für kommerzielle Zwecke weder zu einer Verletzung Ihrer Person noch zu einer Person führt, die Sie dazu ermächtigt haben, in ihrem Namen zu handeln.“
Tja, da sieht man wirklich ganz schön alt aus, wenn man sich bewusst macht, welche Rechte man hier einem Unternehmen überträgt. Ein zweifelhafter Spaß, der keineswegs kostenlos ist.
Natürlich gibt es schon zahlreiche Apps, die ebenfalls persönliche Daten verarbeiten und nach Einwilligung nutzen können – etwa soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Allerdings ist in diesen Fällen zumindest in einem gewissen Maße das Bewusstsein vorhanden, dass Inhalte veröffentlicht werden, während FaceApp-User häufig denken, dass die Nutzung rein privat bleibt. Auf Facebook kommentiert ein Max mit zahlreichen Smileys garniert einen Beitrag zum Thema FaceApp: „Habe die App ausprobiert. Was bin ich ziemlich alt geworden zum Spaß! Danach habe ich die App einfach gelöscht.“ Ganz so einfach ist es dann eben doch nicht, weil wir nicht genau wissen, was mit den Daten passiert und wie sie weiterhin genutzt werden.
Insofern kann man den aktuellen Skandal vielleicht mal zum Anlass nehmen, um über das Thema „Gesichtserkennung“ zu meditieren. Mediation soll ja bekanntlich jung halten!
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