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© Bildagentur PantherMedia / ikostudio
MOTZBOTS IN HOTSPOTS
„Der Dateischutzbeauftragte kann mich mal ganz gepflegt am Arsch lecken!“, findet Pia. „Was für ein Idiot!“, schimpft Klaus. „Tolle Motivation. Danke für nichts!“, jammert Florian. Naaa, wo sind wir da wohl gerade? Im Kindergarten? Fast! In einem Hotspot der (mehr oder weniger) gepflegten Datenschutzschelte: in einer Facebookgruppe für Lehrerinnen und Lehrer. Auf der Agenda steht gerade eine Meldung, deren Titel lautet: „Beauftragter ermittelt Datenschutzverstöße von Lehrern beim Fernunterricht in der Corona-Krise – er droht mit Bußgeldern“. Dass da nicht alle „HURRA!“ rufen, ist schon klar, aber ist es nicht so, dass ein Datenschutzbeauftragter als Datenschutzbeauftragter vor allem seinen Job machen muss? Und der besteht nun einmal darin, Verstöße gegen den Datenschutz aufzudecken und zu ahnden. So wie eine Blitzanlage dazu da ist, Geschwindigkeitsverstöße aufzudecken und zu ahnden – auch wenn das Leute, die deshalb ein Bußgeld zahlen müssen, sehr blöd finden. Klar! Dass man nicht 80 fahren sollte, wo 30 angezeigt sind, dürfte mittlerweile dem größten Deppen bewusst sein. Dass WhatsApp in schulischen Kontexten nichts verloren hat – ähm, Moment. Das sollte eigentlich auch schon länger klar sein, *Augenrollsmiley*.
Anna findet, dass Lehrer immer die Dummen sind und dass das mit dem Datenschutz sowieso voll der übertriebene Quatsch sei. Pffff, Datenschutz, voll der Witz! „Das schlimmste, was passieren könnte, wäre, dass ein Hacker sich über die Erdkunde-Aufgaben meiner Schüler totlacht.“
Lutz Hasse heißt der Mann, der seinem Namen im Moment alle Ehre macht. Als Datenschutzbeauftragter von Thüringen hat er es gewagt, Kritik am Vorgehen mancher Pädagogen zu üben, die argumentieren wie Nancy, eine Lehrerin aus Niedersachsen: „Habt ihr nichts anderes zu tun????? Wir sind froh über jeden Unterricht für unsere Kinder. Es handelt sich um Schule und nicht um geheimdienstwaffen der NATO. Schularbeiten! Jeder ist bei Facebook, WhatsApp oder was weiß ich…..“ Tobias findet, dass Datenschutzbeauftragter ein „Nichtigkeitsjob“ ist und Kerstin wettert: „Der sollte sich schämen!!“ Reinald schimpft: „Solche Leute sind schlimmer als Corona! Die sind ja alte Säcke ohne schulpflichtige Kinder!“ Und Nina ist sich sicher: „Solche Experten scheinen ihr Fachwissen aus Comic Heften zu erhalten.“ Kristian droht: „Wenn das in Niedersachsen kommt, frage ich für jedes Bild, jeden Chat, beim Datenschutzbeauftragten persönlich nach. Wenn das viele KollegInnen machen, hat der wenigstens dann auch was zu tun.“ Klar, Datenschutzbeauftragte haben ja im 21. Jahrhundert sicher nichts Besseres zu tun als den lieben langen Tag in ihren Bürostuhl zu flatulieren, während Lehrerinnen und Lehrer bekanntlich schon nachmittags auf dem Tennisplatz anzutreffen sind.
Und dann gibt es da noch Sven L., einen cholerischen Pädagogen, der durchschnittlich alle zwei Minuten einen Kommentar schreibt, in dem er sich fürchterlich aufregt, zum Beispiel: „Wer sichert eigentlich MEIN Recht auf Datenschutz im Fall von Veröffentlichung von Bildaufnahmen, die während einer Videokonferenz gemacht werden?“ oder „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass für den Datenschutz unter der Benutzung von Software EINZIG der Hersteller der Software zu belangen ist. Und zwar saftig!!“ Lieber Sven L., Leute, die so etwas sagen, sagen auch: „Ich willige nicht ein, weil ich einwillige, sondern damit dieser scheiß Kasten da weggeht!!“
Bitte, bitte liebe motzende Lehrer (und ich meine wirklich nur die Datenschutzhasser, die das Konzept hinter der Sache offenbar noch nicht so ganz verstanden haben), beschäftigt euch doch mal mit Datenschutz und Digitalisierung, denn wir leben im 21. Jahrhundert und ihr unterrichtet junge Leute, die dringend Lehrerinnen und Lehrer brauchen, die sich auf die Gegenwart (ich spreche ja nicht einmal von einer Zukunft, in der Autos von Elon Musk zum Mars fliegen!) einlassen können und wollen. Ihr macht einen schweren Job und die meisten von euch machen den auch richtig toll, aber Datenschutz gehört in einer Zeit, in der Unterricht ausschließlich digital stattfindet, zwangsläufig dazu. Ja, die Politik hat es verpennt, euch auf so eine Situation vorzubereiten. Aber bitte informiert euch auch selbst! Das geht mittlerweile ganz prima. Es gibt nicht nur die Möglichkeiten „Entweder mein Dienstherr stellt mir SOFORT alles in absolut sicher zur Verfügung!!!“ oder „Ich mach NIX mehr, ihr undankbaren Schweine!“ – es gibt auch die Möglichkeit: „Ich guck einfach mal, was problematisch ist, das lasse ich dann und was geht – da frage ich dann zur Sicherheit nochmal bei der Schulleitung nach.“ So verfahren glücklicherweise auch die meisten Lehrerinnen und Lehrer – aber das ist ja eine langweilige Geschichte. So wie die Geschichte von einem gewissenhaften Datenschutzbeauftragten, der seinen Job macht, ebenfalls öde wäre. Wie spannend wäre hingegen ein Haufen von Datenschutzbeauftragten, die sich auf Facebook über die Entwickler Künstlicher Intelligenzen aufregen, weil sie sich mit dem komplexen Scheiß dann auch noch beschäftigen müssen, um ihren Job zu machen.
ZUM X-TEN MALE: GUT GEMEINT, IST NICHT GUT GEMACHT
Stattdessen hört man von den Lehrern in der Gruppe, die den unzählige Male bemühten Spruch „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“ wohl immer noch nicht verinnerlicht haben, beleidigte Aussagen wie: „Mein Tipp… weniger Engagement schafft Freizeit und fällt einem am Ende nicht auf die Füße!“ und „So erstickt man Kreativität und Mut leider im Keim!“ Gerne auch Aufforderungen zum Streik: „Wäre es dann nicht folgerichtig, Homeschooling zu beenden oder zumindest für 1 Woche aus Protest zu bestreiken? Mal sehen, was die Eltern und die Kinder dazu sagen… Aber nein, darunter würden doch nur wieder die Kinder leiden.“ Und: „Ich plädiere auch dafür, dass wir mal alle streiken und eine Woche lang in dieser Hinsicht gar nichts für die Schule machen…. aber dann sind ja wieder wir Lehrkräfte die Bösen!“ Oder: „Liebe Eltern, hiermit ist dann wohl das Ende der Fahnenstange erreicht.“ Was die Eltern damit zu tun haben sollen, dass ein Datenschutzbeauftragter Verstößen gegen den Datenschutz nachgeht, ist mir zwar auch nicht ganz klar, aber Hauptsache, Beamte streiken auch mal.
So, und jetzt stellen wir uns mal einen Schüler vor, der über seinen Lehrer sagt: „Der hat doch den Schuss nicht gehört. Solche Maßnahmen werden mit Sicherheit nicht dazu führen, dass wir Schüler uns dem Schulstoff gegenüber aufgeschlossen zeigen.“ Da würde man doch denken: „Was für ein verzogenes…“ Spricht eine Lehrerin aber über einen Datenschutzbeauftragten, ist das alles kein Problem: „Der hat doch den Schuss nicht gehört. Solche Maßnahmen werden mit Sicherheit nicht dazu führen dass sich die Lehrer der Digitalisierung der Schulen aufgeschlossen zeigen.“ Aber egal! „Diese Datenschützer nehmen sich so furchtbar wichtig …. (*Äffchen-hält-sich-die-Augen-zu-Emoji*)“ – was für ein Elend, dass man als Erwachsener auch noch seine Hausaufgaben machen muss… Gut, dass es nicht nur Facebookgruppen-LehrerInnen gibt, die mehr Farben als nur schwarz und weiß kennen und neben ihrer anspruchsvollen pädagogischen Tätigkeit auch noch Versäumnisse der Politik ausbügeln, einfach, indem sie sich auch für Dinge öffnen, die eben auch wichtig sind.
Anmerkung der Verfasserin: Jegliche Kommentare wurden wörtlich übernommen, inklusive der Rechtschreib- und Kommafehler.
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