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In einigen Punkten sind sich fast alle erwachsenen Menschen einig: Gesunde Ernährung ist wichtig. Da wird beinahe jeder zustimmen. Außer vielleicht Punks. Die essen allerdings auch mal ne Karotte, weil’s gesund ist. Aber obwohl wir gesunde Ernährung total wichtig finden, ernähren wir uns meistens nicht wirklich gesund. Mit dem Datenschutz ist es genauso. User finden Datenschutz wichtig, weil ja jeder weiß, dass es richtig ist, Datenschutz wichtig zu finden. Wer das nicht tut, ist voll das Konsumopfer und kein bewusst handelnder Mensch. Und trotzdem sind wir bei Facebook, Instagram oder WhatsApp, nutzen möglicherweise eine Payback-Karte und begehen so manche andere Datenschutzsünde. Ich bin zum Beispiel auch bei Facebook und schreibe gleichzeitig über Datenschutz, weil mir das Thema wichtig ist. Auwehzwick! Ja, bin ich denn komplett bescheuert? Nein, ich sehe nur ganz klare Vorteile darin, bei Facebook zu sein, z.B. die Möglichkeit, mit Menschen, die ich kenne, auf einfache Weise zu kommunizieren. Wenn mein Wirtschaftsinformatikprof wieder mal betont, wie dämlich es ist, auf Facebook zu sein, fühle ich mich immer wie in der Kirche. Der Pastor schimpft und ich sitze zerknirscht da und schäme mich entsetzlich. Damit ich doch noch in den Himmel komme, schreibe ich eben über Datenschutz, auf dass meine Mitmenschen sich nicht genauso dämlich wie ich verhalten und ihre Daten dem datenschutzrechtlichen Teufel überlassen, der weiß Gott was damit tut. Und die Datenschutztexte poste ich dann auf Facebook, weil sie dort vielleicht jemand liest, der Facebook dann sofort verlässt. Ist bisher übrigens noch kein einziges Mal passiert. Alle finden es immer super, wenn kein gutes Haar an dem sozialen Netzwerk gelassen wird, aber Konsequenzen zieht daraus keiner. Warum ist das so? Weil die Vorteile in unseren Augen nun mal ganz klar überwiegen. Sonst wären wir ja wirklich bescheuert…
MIT DER CUECAT AUF MÄUSEJAGD – WERBUNG GUCKEN WIE KIM JONG-IL
Im Jahr 2000 kam die CueCat auf den Markt, die von der PC World zu einem der 25 größten Technology Fails aller Zeiten gekürt wurde. Mit der katzenförmigen Mouse sollten QR-Codes in Zeitschriftenwerbeanzeigen gescannt werden. Entwickler und Investoren gingen davon aus, dass die CueCat ein Hit werden würde. Klar, weil Menschen ja Food-Magazine durchblättern und dann neben dem Genießer-Salat-Rezept eine BMW-Werbung sehen und sich denken: „Oh cool, Autowerbung! Da muss ich doch gleich mal schauen, was genau dieses Wunderwerk der Technik so zu bieten hat!“
Kein Mensch interessierte sich für die CueCat, zumal es 2000 sicher auch nicht die Regel war, Zeitschriften am Schreibtisch durchzublättern, um bei Bedarf die an den laufenden PC angeschlossene CueCat zu nutzen, um QR-Codes in Werbeanzeigen zu scannen. Auf der Blogging-Plattform tumblr, die auch schon mal bessere Zeiten erlebt hat, existiert ein beliebter Blog, der heißt „Kim Jong-Il looking at things“. Der mittlerweile verstorbene nordkoreanische Machthaber war berühmt dafür, vollkommen indifferent auf alles Mögliche zu gucken: Kohlköpfe, Wasserflaschen, Fische und Waffen. Egal. Diese Fotos waren lange Zeit der Hit im Netz. In Anlehnung an dieses Format entstand 2012 der tumblr-Blog „Pictures of People scanning QR-Codes“ – dieser Blog ist lustigerweise leer, was natürlich verdeutlichen soll, dass noch im Jahr 2012 kein Mensch QR-Codes scannte. Mittlerweile tun wir es aber doch. Zum Beispiel, wenn wir ein Paket verschicken und wir dadurch handfeste finanzielle Vorteile haben. Oder wenn wir beim Einlass zu Konzerten und Sportevents schneller reinkommen und uns nicht ewig anstellen müssen. Wir nutzen eine Technologie also nur dann, wenn wir klar erkennbare Vorteile daraus ziehen, die jeder Blinde mit Krückstock auch sehen würde. Und schon sind wir wieder beim Datenschutz…
DER VERBRAUCHER – DAS UNBEKANNTE WESEN?
„IT-Sicherheit kann wichtige Wettbewerbsvorteile sichern, glauben Politiker und Datenschützer. Das funktioniert aber nur, wenn potentielle Kunden mitspielen.“ So lautet der Untertitel eines kürzlich im Handelsblatt erschienenen Artikels. Der Witz ist: Alles, was verkauft werden soll, funktioniert nur, wenn potenzielle Kunden mitspielen… Sonst wird es ja nicht verkauft.
Die Telekom hat einen smarten Lautsprecher entwickelt, der auf den Namen Magenta hört und eigentlich wie Alexa sein soll, nur mit Datenschutz und so. Auf dem weiten Feld der smarten Fähigkeiten ist Magenta eher eine Urform der Süßgräser, während die US-amerikanische Alexa ein ertragreicher Power-Weizen ist. Kurz: Eigentlich kann Magenta nicht mithalten, aber Datenschutz! Wobei ich in diesem Zusammenhang einen Namen, in dem „Agent“ drinsteckt, weniger gelungen finde… Datenschutz muss also als Wettbewerbsvorteil herhalten. Das wäre ja auch so, wenn Datenschutz das superduper wichtige Kriterium für Verbraucher wäre. Aber ist er das auch? Hier scheiden sich die Geister. Im Wesentlichen gibt es zwei Fraktionen unter denen, die sich zum Thema äußern. Thomas Jarzombek von der CDU ist Beauftragter für Digitale Wirtschaft und Startups im Bundeswirtschaftsministerium. Er ist der Auffassung, dass Datenschutz den Usern gar nicht so wichtig ist, wie der öffentliche Diskurs das suggeriert (siehe oben). SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann meint allerdings, dass Unternehmen Verbraucher in der Hinsicht viel stärker aufklären müssten. Bewusstsein und so. Auch Saskia Esken von der SPD geht davon aus, dass das Thema in Zukunft immer wichtiger werden wird.
Was dabei ganz vergessen wird? Den Verbraucher zu befragen und zwar etwas über die Frage „Finden Sie Datenschutz eigentlich wichtig?“ hinausgehend, denn darauf wird beinahe jeder antworten: Klar! Und: Datenschutz mit konkret sichtbaren Vorteilen für den Verbraucher zu kombinieren. Bisher ist das noch nicht wirklich der Fall. Abgesehen von einem guten Gefühl bei Datenschutzpredigten, kriegen wir nämlich noch nicht unmittelbar mit, was für Vorteile es hat, auf Datenschutz zu achten. Was das sein könnte? Keine Ahnung! Vielleicht Bonuspunkte. Wenn ich 500.000-DS-Punkte gesammelt habe, erhalte ich den Status des Datenschutzsenators und darf gratis telefonieren oder auf extra angelegten Datenschutzsenatoren-Parkplätzen parken. Das wäre doch eine Motivation!
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