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DIE SCHUFA – BESCHÜTZT UND SICHER ZWISCHEN 0 UND 100
Wenn der Datenschutz es auf tagesschau.de schafft, dann brennt die Hütte. In puncto Schufa tut sie das zwar ständig, weil die Wirtschaftsauskunftei über Unmengen an Daten (943 Millionen Einzeldaten) von knapp 68 Millionen Deutschen und 2,7 Millionen Unternehmen verfügt und dabei eine exorbitante Fehlerquote hat. Keine gute Kombination, wenn man bedenkt, dass eine Schufa-Auskunft über unser Wohl und Wehe entscheiden kann, wenn wir zum Beispiel eine Wohnung mieten oder einen Vertrag abschließen wollen. Laut Stiftung Warentest waren im Jahr 2010 1% der Schufa-Daten schlichtweg falsch (das muss man mal hochrechnen…), 8% waren veraltet (und damit auch falsch) und in 28% der untersuchten Fälle fehlten Daten. Aber die Schufa ist der Auffassung, dass man sich da schon ein zuverlässiges Bild machen kann. Und wenn die das meint, dann wird es schon auch so sein, immerhin steht Schufa für Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung. Hey, das klingt doch total vertrauenserweckend, fast wie die Caritas! Schutz und Sicherung – da fühlt man sich doch gleich beschützt und sicher. Außer, die bauen mal wieder Mist. Dann kann es passieren, dass man mit einem Namensvetter verwechselt wird, der eine deutlich schlechtere Zahlungsmoral hat als man selbst. Alles schon vorgekommen.
Am mysteriösesten ist allerdings das Schufa-Scoring, dessen Zustandekommen so geheim ist wie die Coca-Cola-Formel. Der kreditwürdigste Mensch hätte einen Score von 100, die kreditunwürdigste Person einen von 0. Wo genau dieser Score liegt, hing bis vor einigen Jahren u.a. noch davon ab, ob man diese ominöse Kennzahl erfragt hat. Wer Auskunft darüber wollte, wo er steht, wurde erstmal runtergestuft. Klar, jemand, der wissen will, was ein anderer über ihn herumposaunt, hat vermutlich was zu verbergen. Getreu dem Motto: Wer uns nicht traut, wird schon seine Gründe haben! Dem wurde dann allerdings ein Ende gesetzt, weil die Hoheit über die eigenen Daten irgendwann doch zu einem Wert geworden ist und es aus der Mode kam, wie anno dunnemals jegliche Autoritäten zu fürchten und lieber gar nicht nachzufragen, sondern sich dem Schicksal und der Schufa ohnmächtig auszuliefern. Was immer noch in den Score einfließt, ist die Anzahl der Wohnungswechsel und der Bankkonten. Wer öfter umzieht, ist vermutlich auf der Flucht. Viele Konten deuten auf Wankelmut hin. Ach ja, und ein Allerweltsname ist auch blöd, weil man da leicht mal verwechselt werden kann. So wie Thomas Lange, gegen den der Schufa zufolge sogar ein Haftbefehl vorlag. Auch ein Identitätsdiebstahl, den man selbst vielleicht gar nicht mitbekommt, kann sich negativ auf den Schufa-Score auswirken. Eine „schlechte“ Wohngegend ist natürlich ebenfalls suboptimal und das „falsche“ Geschlecht (männlich) in Kombination mit einem bestimmten Alter (jung) tendenziell wohl auch. Um die Übersicht zu behalten, kann man aber auf meineschufa.de diverse Servicepakete buchen, zum Beispiel meineSCHUFA kompakt für nur 3,95 Euro monatlich! Oder gleich meineSCHUFA premium für schlappe 6,95 Euro im Monat. Das ist sogar einen Euro billiger als Netflix! Und wenn ich mich entscheiden könnte: Massenhaft Serien oder „Meine Kreditwürdigkeit – Kommissar Zufall ermittelt und folgt falschen Spuren“ – da fände ich den Schufa-Krimi, in dem ein vertrottelter Ermittler mit hoher Fehlerquote existenzielle Entscheidungen fällt, echt spannender als die fiktive Geschichte einer suchtkranken Schachmeisterin aus den 60ern…
DER JÜNGSTE SCHUFA-STREICH
Und nun hat die Schufa es mit ihrem neuesten Geniestreich eben sogar auf tagesschau.de geschafft. Die geben sich aber auch wirklich Mühe, im Gespräch zu bleiben. Das Pilotprojekt CheckNow, das die Schufa gemeinsam mit O2/Telefónica an den Start gebracht hat, klang doch eigentlich super. Alle, die wegen eines miesen Schufa-Scores (wie der zustande kommt – siehe oben) eigentlich keine Chance gehabt hätten, einen Handyvertrag abzuschließen, sollten die Möglichkeit bekommen, doch noch glückliche Kunden zu werden. Einfach indem sie finanziell die Hosen runterlassen hätten sollen. Wer anhand seiner Kontoauszüge plausibel belegen hätte können, dass er eigentlich doch genug Kohle hat, um sich einen Telefonvertrag leisten zu können, hätte dann eben noch eine zweite Chance gekriegt. Wie nett von der Schufa! Wo Kontoauszüge doch auch 1a-Premiumdaten enthalten! Wäre doch alles vollkommen freiwillig gewesen. Doch dann ging ein Aufschrei durchs ganze Land. Die Herzen einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Datenschützern sollen ernsthaft ins Stolpern geraten sein. Zu Recht! Kontoauszüge gehören nicht in die Hände der Schufa. Telefónicahielt das Ganze zunächst für eine super Idee, da es „vereinzelt potenzielle Kunden“ gäbe, „deren Vertragswunsch aufgrund einer fehlenden, beziehungsweise unzureichenden oder älteren negativen Bonitätsinformation abgelehnt werden musste, obwohl ihre aktuelle finanzielle Situation völlig unproblematisch“ gewesen wäre. Kurz: Weil die Schufa ihren Job nicht anständig gemacht hat (siehe oben), hätten potenzielle Kunden einfach die Hosen runterlassen sollen, damit die Schufa nochmal genau nachschauen und gegebenenfalls nachbessern hätte können. Tja, hätte, hätte Fahrradkette…
Telefónica ist mittlerweile von dem Deal zurückgetreten. Dass sich die Leute aber auch so anstellen, wenn sie von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, das für seine dubiose Arbeitsweise bekannt ist, dazu aufgefordert werden, Kontoauszüge vorzulegen… Tsss, damit hat doch echt keiner rechnen können!
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