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© Bildagentur PantherMedia / tanitue
Es ist ja so: Um eine Semmel lecker zu finden, muss ich nicht wissen, woraus sie besteht. Mit der alltäglichen Nutzung der Informationstechnologie ist es ähnlich: Wir haben eine Vorstellung davon, wie es auszusehen hat, wenn’s funktioniert – der Rest ist Vertrauen.
Stellen Sie sich jetzt vor, wir würden in einer Welt leben, in der jeder seine Semmel in ein Gerät legen könnte, das genau analysiert, was drin ist und den Verbraucher warnt, wenn z.B. Mäuseköttel oder Mäusegift enthalten sind. Allerdings würde kaum jemand das Gerät nutzen, weil man dafür erstmal eine 140-seitige Bedienungsanleitung durchlesen und eine 50 Euro teure Standardsemmel zur Kalibrierung des Gerätes kaufen müsste. Vielleicht würden es auch viele gar nicht so genau wissen wollen, weil: Hauptsache lecker! Wenn Sie in dieser Welt, in der zwar ein Semmelanalysegerät existieren, aber nur von ganz wenigen paranoiden Gesundheitsfetischisten genutzt würde, Bäcker wären, würden Sie dann penibel darauf achten, die Hygienevorgaben zu erfüllen oder würden Sie es drauf ankommen lassen? Was wäre, wenn Sie durch einen laxen Umgang mit den Hygienevorgaben 35% der Produktionskosten einsparen könnten? Und wenn Sie als Bäcker genau wüssten, wer von ihren Kunden so ein Semmelanalysegerät hat und wann diese Gesundheitsfetischisten bei Ihnen einkaufen, würden Sie sich dann anders verhalten? Was wäre, wenn es nicht um Lebensmittel ginge, sondern um so etwas Triviales wie, hm, sagen wir mal: Daten?
Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie würden in dieser Welt leben und total gerne Semmeln essen. Täglich mindestens fünf Stück. Morgens, mittags, abends und zwischendurch. Sogar während der Autofahrt. Mmmh, warme Semmeln… Frisch vom Bäcker! In letzter Zeit haben Sie aber nach dem Genuss von Semmeln öfter krampfartige Schmerzen verspürt. Und ständig hört man von irgendwelchen Hygieneskandalen in Bäckereien. Ob das zusammenhängt? Könnte es sich vielleicht lohnen, sich so ein Semmelanalysegerät zu holen? Aber das machen doch nur paranoide Gesundheitsfetischisten, die nichts Besseres zu tun haben, als sich 140-seitige Bedienungsanleitungen durchzulesen. Nein, so will doch kein Mensch sein! Die Semmeln werden schon okay sein. Wahrscheinlich nur ein leichter Magen-Darm-Infekt…
EIN TROJANER IST ZWAR KEINE KETTENVIPER, ABER…
Letzte Woche waren wir bei einem Freund Kaffee trinken. Er ist Dozent und ich erzählte ihm von meinem Informatikstudium. „Das ist ja toll“, meinte er, „kannst du vielleicht schnell schauen, was mit meinem Rechner los ist? Er ist langsamer geworden und letzte Woche hab ich eine Nachricht von einem E-Mail-Dienst bekommen. Die meinten, mein Konto wäre gehackt worden und ich solle einem Link folgen und mein Passwort ändern. Das hab ich dann auch gemacht. Komisch ist nur, dass ich bei denen gar kein Konto habe! Aber da kann doch eigentlich nichts passiert sein, oder?“
Ich musste erstmal ein Taschentuch aus meinem Rucksack nesteln, um den Kaffee wegzuwischen, den ich an die Wohnzimmerwand geprustet hatte. Wieso zur Hölle folgt ein überdurchschnittlich gebildeter Mensch einem Link zu einem Mailanbieter, bei dem er überhaupt kein Konto hat?! Ich meine: Wenn ich eine alte Semmel auf der Straße finde, hebe ich die ja auch nicht auf und beiße rein! Nicht einmal in einer Welt, in der ich ein Semmelanalysegerät zur Verfügung habe, das eine Freigabe erteilt. Warum beschäftigen wir uns so wenig mit den Dingen, die unseren Alltag prägen und eine potenzielle Gefahr darstellen? Ich könnte jetzt mit Giftschlangen argumentieren, die es in unseren Breiten zum Glück nicht gibt, aber ich wette, dass in den ländlichen Gebieten Indiens jedes Kind weiß, wie eine verdammte Kettenviper aussieht.
Das Ding ist: Einen Trojaner können wir nicht sehen. Der Trojaner wiederum sorgt dafür, dass man das, was wir so machen, unter Umständen sehr genau sehen kann… Nur, weil eine Sache nicht physisch vor uns liegt wie eine Straßensemmel oder eine Kettenviper, heißt das noch lange nicht, dass „eigentlich nichts sein kann“. Willkommen im 21. Jahrhundert! Es ist ja nun wirklich nicht so, dass die Funktionsweise des Internets Geheimwissen ist, das nur Angehörigen einer Magierkaste zugänglich ist. Das Thema „Sicherheit im Netz“ kann man sich deutlich schneller aneignen als die Verkehrsregeln für den Fahrradführerschein. Wir rennen ja auch nicht auf gut Glück über die Straße! Im Netz verhalten wir uns aber oft so. Bei Google gibt es sogar einen „Auf gut Glück!“-Button, der gegen Langeweile hilft und uns mit lustigen Google-Doodles, Eastereggs und Spielchen versorgt, wenn wir gar nicht mehr wissen, wie wir unsere Zeit totschlagen sollen.
Es gibt keine Semmelanalysegeräte mit 140-seitigen Manualen, aber es gibt eine Menge hilfreiche Tipps, die dazu beitragen können, sicherer im Netz unterwegs zu sein. Der Aufwand ist viel geringer als viele Menschen meinen. Wir müssen nur begreifen, dass im 21. Jahrhundert auch Dinge, die wir nicht unmittelbar sehen, potenziell gefährlich sein können, wenn wir uns die Beschäftigung mit dem Thema IT-Sicherheit sparen.
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