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Neulich hat mir unser Versicherungsberater eine Mail geschickt. Er könne mir einen deutlich günstigeren Tarif bei der Kfz-Versicherung anbieten, weil der immer mal wieder neu berechnet werde. Fast 200 Euro Einsparung würde das bedeuten! Das wäre doch ein nettes zusätzliches Weihnachtsgeschenk und apropos Weihnachten – ob es wohl in Ordnung wäre, wenn er uns seine Weihnachtswünsche per Post zukommen ließe? Er wollte sicherheitshalber um unser Einverständnis bitten, wegen dieser DSGVO, die seit Mai gelte. Ich musste ein bisschen überlegen, was ich darauf antworten sollte – klar, den günstigeren Tarif wollte ich haben, aber was ist mit der Weihnachtspostkarte? Ich benutze die mehr oder weniger geschmackvollen Karten, die jedes Jahr im Dezember eintrudeln, gerne als Lesezeichen. Neulich habe ich in Robert Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ die Weihnachtswünsche eines Naturkostladens aus dem Jahr 2012 gefunden. In der Karte lag ein Rabattcoupon für eine sauteure Handcreme, die gegen trockene Hände im Winter helfen soll. Das fand ich damals nicht nett. Erst so: „Wie schön, Weihnachtswünsche!“ Und dann: „Ey, die wollen mir hier ja bloß eine olle Handcreme andrehen, die ich gar nicht brauche! Die wollen ja gar nicht einfach nur nett sein, die wollen verkaufen! Die mögen gar nicht mich, sondern nur mein Geld!“ Okay, ich gebe zu, dass ich mir einfach nur dachte: „Bäh, Werbung, aber hey, die passt genau als Lesezeichen in dieses doch recht langatmige Buch! Wenn ich das jetzt da reinlege, finden das in 100 Jahren vielleicht meine Enkel oder Archäologen und wundern sich total über den archaischen Brauch, Weihnachtswünsche in Papierform gemeinsam mit hoffnungslos altbackener Werbung per Post zu verschicken…“ Psychologisch sind Weihnachtskarten mit Werbung – zumindest bei mir – nicht so der Hit. Tante Trude schreibt schließlich auch nicht: „Gesegnete Feiertage und guten Rutsch ins neue Jahr! – Äh, und übrigens bin ich jetzt Brotdosenberaterin und möchte euch herzlich dazu einladen, zu meiner nächsten Brotdosenvorführung vorbeizukommen!“
Was psychologisch ein Reinfall ist, kann aber rechtlich durchaus im Rahmen sein. Was sagt also die DSGVO zur Weihnachtspost?
WEIHNACHTSPOST IST NICHT GLEICH WEIHNACHTSPOST
Zunächst einmal ist es wichtig, zwischen den verschiedenen Kontaktkanälen zu unterscheiden. Telefonwerbung ist zum Beispiel grundsätzlich nicht erlaubt, außer, der Angerufene hat seine ausdrückliche Einwilligung erklärt.
Per E-Mail können Weihnachtswünsche verschickt werden, aber es gilt dabei einige Dinge zu beachten. Ein Hinweis auf eigene Angebote ist zum Beispiel eindeutig Werbung. Und dafür muss der Empfänger ausdrücklich seine Einwilligung erklärt haben, die der Versender auch nachweisen können muss. Eine Einwilligung nach dem Double-Opt-In-Verfahren ist obligatorisch, das bedeutet, dass der Interessent nach Zusendung einer Checkmail seine Kontaktdaten noch einmal bestätigen muss.
Allerdings gibt es hier eine Ausnahme: Wenn der Mailempfänger bereits ein Produkt oder eine Dienstleistung bei dem Unternehmen erworben hat, kann für etwas Ähnliches – und das ist der entscheidende Punkt – geworben werden. Wenn ich in einem Naturkostladen massenhaft Schokoflocken kaufe, darf ich nicht mit Werbung für kalifornischen Bio-Rinderdung behelligt werden, auch dann nicht, wenn dieser so ähnlich aussieht. Hat der Empfänger allerdings auch dieser Art von Werbung widersprochen, darf selbst für Schokotaler nicht geworben werden. Zudem muss der Verbraucher stets darauf hingewiesen werden, dass er den Werbemaßnahmen jederzeit widersprechen kann.
Kommerzielle Absichten müssen bereits im Betreff offengelegt werden. Damit büßt eine Weihnachtsmail freilich schon einige Sympathiepunkte ein.
Also, am besten gleich auf jegliche Werbung verzichten und einfach nur ein frohes Fest wünschen? Bei Bestandskunden ist das in der Regel kein Problem, weil es eher als Nettigkeit empfunden wird, wenn man werbefreie Weihnachtswünsche übermittelt bekommt. In diesem Fall kann auf eine ausdrückliche Einwilligung teilweise verzichtet werden, da die bereits erwähnte Ausnahmeregelung (Schokoflocken) zum Tragen kommen kann. Wer allerdings jeglichen Werbemaßnahmen – und Weihnachtsgrüße können als „Aufmerksamkeitswerbung“ aufgefasst werden – widerspricht oder auf der Robinsonliste steht, darf auch keine Weihnachtsmails bekommen.
Mails an Unbekannte, die noch nie Kontakt zu einem Unternehmen hatten, zu verschicken, ist selbstverständlich verboten. Im privaten Bereich wäre es ja auch etwas gruselig, unfreiwillig Weihnachtspost von Unbekannten zu bekommen…
DIE KLASSISCHE VARIANTE: KARTEN ZUM FEST DER LIEBE
Am unverfänglichsten ist immer noch die klassische Weihnachtskarte, die nicht nur nett, sondern auch äußerst praktisch sein kann, zum Beispiel als Lesezeichen oder um mit Hilfe eines Glases und der Karte Spinnen und Insekten einzufangen und nach draußen zu befördern. Da lohnt es sich sogar, die Karte bis in den Sommer hinein aufzuheben!
Doch Spinnenfangtool hin oder her: Auch hier gilt die DSGVO. Analoge Daten sind ebenso wie digitale geschützt und Unternehmen müssen einen verantwortungsvollen Umgang damit nachweisen können.
Der Erwägungsgrund 14 sieht allerdings vor, dass die DSGVO für „die Verarbeitung personenbezogener Daten juristischer Personen“ nicht gilt. Aber Weihnachtswünsche sind in der Regel ohnehin eher persönlicher Natur und richten sich an natürliche Personen.
Bei Geschäftskontakten ist bei Weihnachtsgrüßen davon auszugehen, dass nach Art. 6 I 1 f) DSGVO in der Regel eine Interessenabwägung zugunsten des Versenders ausfällt. Doch auch hier gilt die eiserne Regel: Wer einer Verarbeitung seiner Daten zu Werbezwecken widersprochen hat, kriegt auch keine Weihnachtspost!
Meinem Versicherungsberater habe ich übrigens mitgeteilt, dass ich mich über eine Weihnachtspostkarte sehr freuen würde. Über die Feiertage möchte ich nämlich Uwe Tellkamps ausgesprochen langweiligen Roman „Der Turm“ anfangen – und darin möchte ich unbedingt ein Lesezeichen als rätselhaftes Artefakt für die Nachwelt verstecken.
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