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© Bildagentur PantherMedia / AllaSerebrina
Derzeit sind Millionen Menschen allein zu Haus. Was machen die eigentlich, wenn sie Lust auf Party haben? Seit Corona-Partys sich als ganz dumme Idee entpuppt haben und gesetzlich verboten worden sind, musste eine Alternative her. Allein zu feiern, macht keinen Spaß und lässt sämtliche Alkoholismusalarmglocken schrillen. Topfpflanzen und Katzen sind auch nicht die geselligsten Partygäste und zocken wird irgendwann ebenfalls langweilig. In Zeiten der Ausgansbeschränkung schlägt nun die Stunde der Video-Chat-Apps. Wer beruflich Zoom oder andere Videokonferenztools nutzt, hat nach Feierabend oft Lust auf etwas „Verspielteres“ – kurz: Apps, um Zeit totzuschlagen.
Was bei Schülern schon länger beliebt ist, wird nun auch zusehends von Erwachsenen genutzt, die sonst in Bars oder Kneipen rumhängen würden. Houseparty ist eine App, die eine echte Alternative zu „wirklich mit jemandem abhängen“ verspricht, wie die Macher das so total marketingsprechmäßig cool ausdrücken. Im Gegensatz zu den biederen Videokonferenztools, die in privaten virtuellen Räumen nur ausgewählten Meetingteilnehmern den Zutritt erlauben, ist Houseparty die Kneipe unter den Video-Chat-Apps – eine kleine Kneipe allerdings, denn es passen maximal acht Leute in einen Chatroom, in den jeder reinplatzen kann, der einen der Partyteilnehmer kennt. Wer dann nichts Interessantes zu berichten weiß („Wir hatten heute eine Videokonferenz!“ – „Wir auch!“ – „Ah, cool. Äh…“), muss nicht fürchten, wie der letzte Depp dazustehen, denn Houseparty hält einige Partyspielchen bereit, die den Usern dabei helfen sollen, möglichst viel Zeit sinnlos zu verscheißen. Neben „Was bin ich?“ gibt’s auch eine Art Montagsmaler und anderen Schnickschnack – durch In-App-Käufe kann man sogar noch Geld loswerden. Die Standardversion kostet nix – bezahlt wird mit Daten. Und zwar mit einer ganzen Menge. Es ist zwar möglich, von Beginn an zumindest ein bisschen dem Prinzip der Datensparsamkeit zu folgen, zum Beispiel durch eine Verweigerung des Zugriffs auf die Standortdaten und das Adressbuch oder durch einen falschen Namen und eine Spaßmailadresse (hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt), aber wer die Nutzungsbedingungen, speziell die Privacy Policy, liest, wird feststellen, dass man Life on Air quasi die Rechte an der eigenen Großmutter einräumt. Wer die ellenlangen AGBs nur mal überfliegt, verliert vielleicht die Lust, Party zu machen und trinkt doch lieber allein. Bei solchen Nutzungsbedingungen kann man glatt zum Alkoholiker werden…
WANTED – BEWEISE WIE IM WILDEN WESTEN
Besonders gerne genutzt, wird Houseparty aber immer noch von Jugendlichen, die eigentlich lieber lernen sollten – wegen Zukunft und so. Schülern sind Datenschutzbelange erstmal egal. Da unterscheiden sie sich wenig von Erwachsenen, die im „Datenschutzbelange-egal-sein-Lassen“ ja ihre Vorbilder sind. Der Datenschutz wird allerdings doch zur interessanten Angelegenheit, wenn das Storytelling stimmt. Und was die Warnungen vor Houseparty angeht, sind die Horrorgeschichten richtig gut. Durch die Installation und Nutzung der App sollen diverse Konten, u.a. von Netflix und Spotify, aber auch Bankkonten, gehackt worden sein. Holt man sich mit der App also einen Verbrecher ins heimische Wohn- oder Kinderzimmer, der heimlich den Tresor klaut? Oder ist man einfach nur zu blöd, sein Handy richtig zu nutzen? Um diesem Datenschutzkrimi in puncto Storytelling noch einen draufzusetzen, hat der Anbieter mit der Auslobung einer Prämie reagiert, die derjenige bekommen soll, der die ganzen Gerüchte als bösartige Kampagne des Feindes (vermutlich eines Mitbewerbers) entlarven kann. Eine Million Dollar ist dem Unternehmen der Beweis ihrer Theorie wert. Wanted – wie im wilden Westen! Tja, Datenschutz und Datensicherheit sind eben äußerst spannende Themen, wenn die Geschichte gut ist. Das hat die Marketingabteilung von Epic Games (u.a. Fortnite) begriffen. Im vergangenen Sommer hat das Unternehmen Houseparty übernommen. Auf diese Weise müssten sie so ziemlich jeden zweiten Jugendlichen der westlichen Welt erreichen. Was die an Daten liefern! Echt episch!
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